Für eine moderne, bedarfsgerechte und solidarische Gesundheitspolitik.
Von Ruth Waldmann, MdL, gesundheitspolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion
Unsere Anträge und parlamentarischen Initiativen...
...aus den Bereichen Gesundheit und Pflege finden Sie unter diesem Link) auf den Seiten des Bayerischen Landtags - nach Aktualität sortiert und mit dem jeweiligen Abstimmungsergebnis im Landtag.
Eine auskömmliche und zugängliche Versorgung im Krankheitsfall für alle ist für uns ein soziales Grundrecht. Wir setzen uns dafür ein, dass Umfang und Ursachen des Problems von Nichtversicherten umfassend analysiert, Straßenambulanzen und medizinische Versorgung für wohnungslose Personen nachhaltig eingerichtet und finanziert werden und die Möglichkeit eines „anonymen Krankenscheins“ eingeführt wird.
In Kooperation mit den gesetzlichen Krankenversicherungen, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns und der medizinischen Flüchtlingshilfe soll eine Anlauf- und Vergabestelle pro Regierungsbezirk eingerichtet werden. Die Anlauf- und Vergabestellen sollen staatlich gefördert werden, und es sollen bereits bestehende Strukturen wie kooperierende Arztpraxen, Gesundheitszentren oder Beratungsstellen genutzt werden.
Wir setzen uns dafür ein, die Ungleichbehandlung von Beamtinnen und Beamten bei der Krankenversicherung aufzuheben. Beamtinnen und Beamte sollen in Bayern ohne finanzielle Nachteile zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung wählen können. Die Koppelung der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung an die Höhe von Löhnen und Einkommen ist ein zentrales Element einer solidarischen Gesundheitsversorgung.
Damit wird gewährleistet, dass Personen mit einem höheren Einkommen auch stärker zur Finanzierung des Gesundheitswesens herangezogen werden. Der Forderung einer Entkoppelung der Krankenversicherungsbeiträge von Löhnen und Gehältern – etwa durch das Modell einer Kopfpauschale – erteilen wir daher eine klare Absage.
Ziele unserer Krankenhauspolitik für Bayern sind Patienten- und Qualitätsorientierung sowie regionale Ausgeglichenheit der Versorgung. Wir wollen die Verpflichtung von Freistaat, Landkreisen und kreisfreien Städten zur Sicherstellung einer regional ausgeglichenen Krankenhausversorgung stärken und die Krankenhäuser zur Kooperation verpflichten. Wir fordern mehr Informationsrechte für PatientInnen und die Einrichtung von PatientenfürsprecherInnen für die Patientenanliegen.
Die Anforderungen der Krankenhäuser im Hinblick auf ein professionelles Entlassungsmanagement, die Einrichtung eines Sozialdienstes und auf seelsorgerische Betreuung wollen wir konkretisieren. Die Verpflichtungen der Krankenhäuser gegenüber Personengruppen, für die ein Krankenhausaufenthalt eine besondere Belastung darstellt wie Kinder, Menschen mit Behinderung, Migrantinnen und Migranten sowie ältere Menschen sollen klarer definiert werden. Wir setzen uns ein für Regelungen zu bedürfnisorientierten Personalmindestzahlen auch für Hebammen, dem Umgang mit berufsbezogenen Belastungen, Stärkung von Maßnahmen gegen antibiotikaresistente Erreger sowie die Verpflichtungen zu einer kollegialen Betriebsleitung und zu einer transparenten und fairen Abrechnung von Wahlleistungen. Das Verfahren der Krankenhausplanung wollen wir konkretisieren und an Qualitätsvorgaben orientieren, durch externen wissenschaftlichen Sachverstand unterstützen und den Landtag einbeziehen. Die Notfallversorgung muss im Rahmen einer erweiterten Krankenhausplanung neu strukturiert werden.
Der Krankenhausplanungsausschuss als kooperatives Gremium der Krankenhausplanung soll erweiterte und präzisierte Kompetenzen erhalten, und weitere Interessensgruppen sollen ein Anhörungsrecht in den sie betreffenden Fragen erhalten. Die staatliche Investitionsförderung für Plankrankenhäuser wollen wir deutlich ausweiten. Ihr Umfang wird unmittelbaren haushalts- und tagespolitischen Opportunitäten entzogen und auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt.
Um die stationäre Geburtshilfe zu stärken, wollen wir ein Förderprogramm für mehr Hebammenstellen.
Angesichts der Bevölkerungsentwicklung und der Wanderungstendenzen bedarf es weiterer Anstrengungen, um eine gute Gesundheitsversorgung in allen Teilen Bayerns sicherzustellen und damit für gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilen Bayerns zu sorgen. Deshalb fordern wir ein „Gesamtkonzept integrierte Gesundheitsversorgung“. Dieses soll u.a. eine funktionierende sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung und den Ausbau telemedizinischer Leistungen berücksichtigen.
Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die Notfallversorgung, die Überwindung der Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und die Hospiz- und Palliativversorgung. Die Akademisierung des Hebammenberufs muss sichergestellt werden. Klinikträger, die sich in der Hebammenausbildung engagieren, sollen von Freistaat gezielt finanziell gefördert werden.
In der Ausbildung von MedizinerInnen setzen wir auf verbesserte Anreize zur späteren Niederlassung im ländlichen Bereich, differenziertere und praxistauglichere Zugangsvoraussetzungen zum Studium und einen Ausbau von Studienplätzen. Heilmittelerbringer müssen unserer Meinung nach vor allem durch eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation, eine Weiterentwicklung ihrer Ausbildungen in Richtung von anwendungsorientierten akademischen Studiengängen und die zügige Abschaffung von Ausbildungsgebühren gestärkt werden. Die Entkoppelung der Vergütung von Heilmittelerbringern von der Grundlohnrate war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Bedarfsorientierte ärztliche Budgets für Heilmittel könnten hier ebenfalls eine Verbesserung bringen. Wir werden fordern die Einrichtung mindestens eines dualen oder berufsbegleitenden Studienganges Ergotherapie an einer staatlichen Hochschule.
Wir wollen die Apothekenversorgung insgesamt verbessern, die möglichen Rabatte begrenzen und die Beratung durch die Apotheker höher vergüten. Viele Menschen wünschen sich mehr Informationen in der Apotheke über die verschriebenen Medikamente. Bisher wird die dementsprechende Qualifikation der Apotheker jedoch nur unzureichend genutzt. Auch die Notdienste müssen nach unserer Ansicht besser bezahlt werden.
Wir setzen uns für eine Erhöhung der Rezepturvergütung für Apotheker ein. Das für Rezepturen ausgezahlte Honorar steht in keinem Verhältnis zum Aufwand und ist zudem sehr lange nicht angepasst worden. Auch die Vergütung bei dokumentationspflichtigen Arzneimitteln sowie bei Betäubungsmitteln muss verbessert werden. Aufgrund des steigenden Anteils von hochpreisigen Arzneimitteln wollen wir den prozentualen Anteil des Apothekenhonorars deckeln, ohne dabei insgesamt die Ausgaben für Apothekenhonorare zu reduzieren.
Wir halten die inhabergeführte Apotheke vor Ort für einen unverzichtbaren Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung. Nachdenken wollen wir über flexible Maßnahmen, wie Botendienste und Rezeptsammelstellen. Das Fremd- und Mehrbesitzverbot von Apotheken wollen wir beibehalten. Die Apothekenpflicht von verschreibungspflichtigen Präparaten und auch von Homöopathika sollte erhalten bleiben. Patienten, die nach Homöopathika fragen, haben in der Regel ein medizinisches Problem, und mit diesem sind sie bei einem Apotheker besser aufgehoben als im Drogeriemarkt.
Patienten erscheinen oft wegen vermeintlicher Bagatellerkrankungen in der Apotheke. In so einer Situation ist es wichtig, dass ein Apotheker sich das Problem anhört und berät, welche Möglichkeiten es gibt und ob nicht doch ein Arztbesuch angebracht wäre. Die Bürger wollen auf die Möglichkeiten des Versandhandels im digitalen Zeitalter nicht mehr verzichten. Diese Entwicklung ist unumkehrbar. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichthofes, ausländischen Versandapotheken Rezeptboni zu erlauben, könnte ein Preiswettbewerb drohen, der einige Apotheken in ihrer Existenz bedroht. Angemessener als ein Verbot des Rx-Versands ist jedoch, darauf mit sozialrechtlich definierten Rahmenbedingungen für Boni und Rabatte zu reagieren, um einen fairen Wettbewerb von niedergelassenen Apotheken und Versandapotheken zu gewährleisten. Versandapotheken, die die personal- und zeitaufwendigen Dienstleistungen einer öffentlichen Apotheke nicht erbringen, sollen keine ungerechtfertigten wirtschaftlichen Vorteile erhalten.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Präventionskompetenz der Apotheker in den relevanten präventionspolitischen Gremien wie der Nationalen Präventionskonferenz oder den Landesrahmenvereinbarungen zur Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie stärker berücksichtigt wird. Auch im Bereich der Arzneimitteltherapiesicherheit sollen Apotheker eine wichtigere Rolle spielen.
Gesundheit und Krankheit sind auch in Bayern sozial ungleich verteilt: Personen mit besserer Bildung und höherem Einkommen erkranken seltener, leben länger und fühlen sich subjektiv gesünder als weniger gebildete Personen mit einem niedrigen Einkommen.
Sozial ungleich verteilt sind auch die Risikofaktoren für die wichtigsten Erkrankungen: Personen mit niedrigem Einkommen rauchen häufiger, bewegen sich weniger, ernähren sich ungesünder und haben häufiger Übergewicht als Personen mit höherem Einkommen.
Wir wollen in der gesundheitsbezogenen Prävention und in der Gesundheitsförderung einen strukturellen Ansatz realisieren. Dabei sollen die empirische Analyse der Gesundheitsberichterstattung, die Planung von Interventionen und deren Evaluierung aufeinander bezogen und miteinander verzahnt werden.
Unser Ziel ist eine sozial gerechte, nachhaltige und strukturelle präventive Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger in Bayern. Dafür braucht es dringend ein bayerisches Präventionsgesetz, in dem die entsprechenden Rahmenbedingungen festgelegt werden.
Psychische Erkrankungen stellen in allen Altersgruppen eine große Belastung für die Betroffenen und ihre Angehörigen dar und haben aufgrund ihrer direkten und indirekten Kosten auch eine erhebliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung.
Die Zahl psychischer Erkrankungen steigt. Sie werden aufgrund einer höheren Sensibilität auch häufiger diagnostiziert. Menschen mit niedrigem Einkommen sind öfter betroffen als finanziell bessergestellte Personen.
Unsere Ziele im Umgang mit Menschen in einer psychischen Krise sind die Achtung ihrer Würde und ihrer Persönlichkeitsrechte, der Kampf gegen die Stigmatisierung von Betroffenen und der Aufbau von verbindlichen Hilfs-, Behandlungs- und Präventionsangeboten. Zwangsmaßnahmen dürfen nur Ultima Ratio sein. Wir wollen die psychiatrische Versorgung stärken durch gemeindepsychiatrische Steuerungsverbünde, kommunale PsychiatriekoordinatorInnen und einen Landespsychiatriebeirat. Sozialpsychiatrische Dienste sind flächendeckend einzurichten und staatlich zu finanzieren.
Wir wollen die Partizipationsrechte der ehrenamtlichen Selbsthilfe stärken und ihre Finanzierung durch den Freistaat Bayern sichern. Zur Bearbeitung von Patientenanliegen wollen wir an den psychiatrischen Krankenhäusern PatientenfürsprecherInnen und mindestens auf Bezirksebene unabhängige Beschwerdestellen einrichten.
Primäres Ziel einer Unterbringung ist nicht die Behebung von Gefahrenursachen, sondern die Unterstützung und Behandlung der betroffenen Person. Ziel muss die Unterbringung in offener Form und die möglichst rasche Wiedereingliederung der Betroffenen in die Gesellschaft sein. Einschränkungen von Grundrechten müssen die Ausnahme bleiben. Für Zwangsbehandlungen fordern wir die Einführung eines Melderegisters. Wir wollen die Wirkung des am 24. Juli 2018 vom Bayerischen Landtag verabschiedeten Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes zeitnah evaluieren.
Ziel einer sinnvollen Drogenpolitik sein muss es ein, konsumbezogene Schäden für die Einzelnen und die Gesellschaft zu minimieren, staatliche Ressourcen insbesondere für Gesundheits- und Sozialpolitik freizumachen sowie Strategien gegen das organisierte Verbrechen und internationale Drogenkartelle weiterzuentwickeln.
Der „Krieg gegen die Drogen“ und die aktuelle Verbotspolitik sind gescheitert, sowohl mit Blick auf ihren beschränkten Nutzen und ihre enormen Kosten, als auch hinsichtlich ihrer fatalen Nebenwirkungen. Es ist daher an der Zeit, in der Drogen- und Suchtpolitik neue Wege zu gehen. Wir setzen uns dafür ein, dass die „Grundsätze der Bayerischen Staatsregierung für Drogen- und Suchtfragen“ aus dem Jahr 2007 grundlegend überarbeitet werden. Im Zentrum müssen dabei Prävention und Frühintervention, Beratung und Behandlung sowie Schadensminimierung und Angebotsminimierung stehen.
Wir wollen Kommunen die Einrichtung von Konsumräumen für Suchtkranke ermöglichen, um zusätzliche Risiken zu minimieren und Ausstiegschancen aufzuzeigen. Außerdem wollen wir Therapieplätze für minderjährige Suchtkranke ausbauen. Kommunen sollen darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, Modellprojekte einzuführen, die die regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene ermöglichen.
Die ärztliche Versorgung in den Justizvollzugsanstalten muss wegen der Tatsache, dass es immer mehr Gefangene mit Suchtmittelabhängigkeit gibt, deutlich verbessert werden. Die äußerst rigide Praxis der Methadonsubstitution in bayerischen Justizvollzugsanstalten wollen wir beenden.
Wir setzen uns für die Legalisierung des Konsums sowie des Besitzes und privaten Anbaus von Cannabis und Cannabisprodukten in für den Eigenbedarf üblichen Mengen ein. Darüber hinaus wollen wir, dass der kommerzielle Anbau, Handel und die Verarbeitung von und mit Cannabis und Cannabisprodukten unter strenger staatlicher Kontrolle legalisiert werden.
Wir wollen ausdrücklich keine marktorientierte Liberalisierung, sondern den Aufbau eines staatlich regulierten Marktes zur Kontrolle von Zugang, Produktqualität, Anbau und Vertrieb. Mit der Neuregelung beim Umgang mit Cannabis wollen wir die gescheiterte Verbotspolitik beenden, dem Schwarzmarkt die Grundlage entziehen und Gerichte und Strafverfolgungsbehörden von unnötigen Verfahren entlasten. Wir setzen auf einen eigenverantwortlichen und bewussten Umgang mit Cannabisprodukten und wollen durch entsprechende Begleitregelungen einen effektiven Gesundheits-, Verbraucher- und Jugendschutz sicherstellen. Zusätzliche Steuereinnahmen sollen für den Ausbau der Drogenprävention und Suchthilfe verwendet werden. Bis zur Umsetzung einer derartigen Regelung halten wir eine Qualitätskontrolle im Sinne eines drug-checking als Maßnahme der Schadensminimierung für sinnvoll. Wir setzen uns dafür ein, dass in der Fahrerlaubnisverordnung der Konsum von Cannabis dem Konsum von Alkohol gleichgestellt wird.