Bayern ist stark, weil wir eine ungemein aktive und vielfältige Bürgerschaft haben, in der sich viele junge und ältere Menschen in ihrer Freizeit unentgeltlich engagieren und Verantwortung übernehmen. Ohne das Ehrenamt wäre die Gesellschaft in Bayern geradezu aufgeschmissen.
Viele soziale, kulturelle, ökologische, gesundheitliche, sportliche und sonstigen Aufgaben werden durch freiwillige Helferinnen und Helfer bewerkstelligt, ob in kleinen selbst gegründeten Initiativen, in Vereinen oder in den großen Verbänden wie zum Beispiel bei der Arbeiterwohlfahrt, dem Roten Kreuz oder der Feuerwehr. Wer ehrenamtlich tätig ist, trägt ganz entscheidend dazu bei, dass unsere soziale Gemeinschaft überhaupt funktioniert. Bürgerschaftliches Engagement ist eine Form gelebter demokratischer Alltagskultur. Es ist das Recht mündiger Bürgerinnen und Bürger, sich aktiv an der Gestaltung des Gemeinwesens zu beteiligen und sich in die öffentlichen Angelegenheiten einzumischen. 2013 haben die Bürgerinnen und Bürger Bayerns durch einen Volksentscheid die „Förderung des ehrenamtlichen Einsatzes für das Gemeinwohl“ als Staatsziel in die Bayerische Verfassung aufgenommen.
Die Staatsregierung soll durch das freiwillige Engagement der Bürger allerdings nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Das Ehrenamt darf nicht indirekt als Entlastung und Finanzspritze für klamme Kommunen oder den Staatssäckel herhalten und es darf auch nicht den Weg in einen undurchsichtigen Niedriglohnsektor ebnen. In Bayern werden von Freiwilligen im Jahr 710 Millionen Arbeitsstunden erbracht. Das entspricht sieben Prozent der Gesamtarbeitszeit mit einem Wert von 6,1 Milliarden Euro.
Es ist an der Zeit, diesen wesentlichen gesellschaftlichen Beitrag in angemessener Form anzuerkennen und geeignete Möglichkeiten zur Mitsprache zu schaffen und zu verankern. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten heutzutage, auf Augenhöhe eingebunden und gehört zu werden. Die bayerische Politik ist gut beraten, das Wissen und den Erfahrungsschatz der freiwilligen Aktiven in ihre Beratungen einzubeziehen.
Dafür schlagen wir einen Landesbeirat Bürgerschaftliches Engagement und einen Landesbeauftragten vor, die ähnlich dem Behinderten- oder dem Wirtschaftsbeirat bzw. dem Datenschutzbeauftragten unabhängig ihre Stimme erheben können und bei Gesetzesvorhaben und dergleichen anzuhören sind.
Die bayerische Staatsregierung verlässt sich in vielen wichtigen Bereichen, zum Beispiel ganz aktuell in der Flüchtlingshilfe, auf das freiwillige Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Sie müssen sich umgekehrt auch auf die bayerische Politik verlassen können.
Ruth Waldmann, Sprecherin für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement